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Erbbaurecht, Heimfall & Hausbau

TL;DR Wer kein Hausboot will, sondern ein Haus, kauft ein Grundstück – oder doch nicht? Erbbaurecht – was ist das?
LESEZEIT 10 Minuten
MEHRWERT Mal was anderes.
Ein ERBBAURECHT – ein was, bitte?
Eine Mischung aus Erben und Bauen?
Erbe ich Großvaters Baustelle?
Was ist ein Erbbaurecht (im folgenden auch mit EBR abgekürzt)?
Was ist drin, was ist dran? Und ist es denn für immer? Lesen Sie mehr:

  1. 100 Jahre Erbbaurecht?
  2. Tatsächlich sogar noch etwas länger. Das Erbbaurecht ist ein altehrwürdiges Rechtsinstitut. Der rechtsgeschichtlich Interessierte findet Spuren in den §§ 1012 – 1017 BGB (alte Fassung). Heute steht dort nur noch lapidar „weggefallen“ oder „aufgehoben“. Zuvor fanden sich dort Vorschriften über das EBR. Diese Vorschriften finden heute nur noch Anwendung für vor dem 22.01.1919 begründete EBRs, § 38 ErbbaurechtsgesetzErbbauRG (früher: ErbbauVO).

  3. Was ist ein EBR?
  4. Nicht jeder will ein Hausboot bauen. Also muss meist für den Traum vom eigenen Haus ein Grundstück her. Da das auch früher schon je nach Lage nicht ganz billig war, schuf der Gesetzgeber das Vehikel des EBR. So kann ich mit einem Grundstückseigentümer vereinbaren, dass ich auf seinem Grund und Boden bauen darf, ohne Eigentümer des Grundstücks zu sein. Die sog. Legaldefintion des EBR steht in § 1 Abs. 1 ErbbauRG:

    Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass demjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (EBR).

    Das EBR kann auf einen für das Bauwerk nicht erforderlichen Teil des Grundstücks erstreckt werden, sofern das Bauwerk wirtschaftlich die Hauptsache bleibt.

    Der Garten darf also aber nicht die Hauptsache sein. Die Grenzziehung, was noch „Hauptsache“ ist und was nicht, muss einzelfallbezogen erfolgen.

  5. Nicht für die Ewigkeit?
  6. Das kommt darauf an. Das ErbbauRG sieht keine fest Laufzeit vor. Das EBR erlischt auch nicht automatisch dadurch, daß das errichtete Bauwerk untergeht, § 13 ErbbauRG.

  7. Vs. Grundeigentum: wer hat was?
  8. Gehört dem Erbbauberechtigten auch das Grundstück, auf dem er baut? Nein. Der bauende Erbbauberechtigte wird nur Eigentümer des Bauwerks, nicht aber von Grund & Boden. Dieser (und der mit einer Wertsteigerung des Grundstücks verbundene Wertzuwachs) verbleibt Eigentum des Grundstückseigentümers.

  9. Was ist außerdem zu regeln? Was kann Inhalt des EBR sein?
  10. Zum Inhalt des EBR können insbesondere Vereinbarungen des Grundstückseigentümers und des Erbbauberechtigten gehören über:

    1. die Errichtung, die Instandhaltung und die Verwendung des Bauwerks;
    2. die Versicherung des Bauwerks und seinen Wiederaufbau im Falle der Zerstörung;
    3. die Tragung der öffentlichen und privatrechtlichen Lasten und Abgaben;
    4. eine Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das EBR beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer zu übertragen (der sog. Heimfall);
    5. eine Verpflichtung des Erbbauberechtigten zur Zahlung von Vertragsstrafen;
    6. die Einräumung eines Vorrechts für den Erbbauberechtigten auf Erneuerung des EBR nach dessen Ablauf;
    7. eine Verpflichtung des Grundstückseigentümers, das Grundstück an den jeweiligen Erbbauberechtigten zu verkaufen.

    Die Gestaltungsmöglichkeiten sind also vielfältig. Ich berate Sie gerne zu o. g. Punkten und entwerfe eine entsprechende Vereinbarung für Sie.

    Wie im Wohnungseigentumsrecht gilt auch hier für Vereinbarungen zum Inhalt des EBR: ohne Grundbucheintragung wirken Vereinbarungen nicht gegenüber einem etwaigen Sonderrechtsnachfolger.

    Gemäß § 5 Abs. 1 ErbbauRG kann als Inhalt des EBR kann auch vereinbart werden, dass der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des EBR der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf.

    Gemäß § 5 Abs. 2 ErbbauRG kann als Inhalt des EBR ferner vereinbart werden, dass der Erbbauberechtigte zur Belastung des EBR mit einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder einer Reallast der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf. Ist eine solche Vereinbarung getroffen, so kann auch eine Änderung des Inhalts der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast, die eine weitere Belastung des EBR enthält, nicht ohne die Zustimmung des Grundstückseigentümers erfolgen.

    Und wenn der Grundstückseigentümer eine Belastung ablehnt? § 7 Abs. 2 ErbbauRG:

    Ist eine Belastung (§ 5 Abs. 2) mit den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft vereinbar, und wird der mit der Bestellung des EBR verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet, so kann der Erbbauberechtigte verlangen, dass der Grundstückseigentümer die Zustimmung zu der Belastung erteilt.

    Und wenn der Eigentümer immer noch nicht einlenkt? § 7 Abs. 3 ErbbauRG:

    Wird die Zustimmung des Grundstückseigentümers ohne ausreichenden Grund verweigert, so kann sie auf Antrag des Erbbauberechtigten durch das Amtsgericht ersetzt werden, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist. § 40 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 und § 63 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten entsprechend.

    Gemäß § 6 Abs. 1 ErbbauRG ist eine ohne solche Zustimmung vorgenommene Belastung dann unwirksam. Eien Verknüpfung mit einem Heimfallanspruch des Grundeigentümers quasi als „Sanktion“ eines Verstoßes gegen das Zustimmungserfordernisses verbietet allerdings § 6 Abs. 2 ErbbauRG:

    Auf eine Vereinbarung, dass ein Zuwiderhandeln des Erbbauberechtigten gegen eine nach § 5 übernommene Beschränkung einen Heimfallanspruch begründen soll, kann sich der Grundstückseigentümer nicht berufen.

    Der o. g. Katalog ist grundsätzlich abschließend. Das heißt zwar nicht, dass die Parteien nicht noch andere Vereinbarungen treffen und mit anderen Mittel des Grundpfandrechts sichern könnten. Sie können sie aber eben nicht zum Inhalt des EBR machen.

  11. Veräußerung des EBR
  12. § 1 Abs. 1 ErbbauRG sagt: das EBR ist veräußerlich und vererblich. Schluss, aus? Nein. Die Veräußerlichkeit unterliegt Grenzen – in beiden Richtungen.

    Das Recht zur Veräußerung darf dem Erbbauberechtigten zum einen nicht genommen werden. Es ist nicht abdingbar.

    Andererseits darf der Erbbauberechtigte sein Recht auch nicht an jedermann verjuxen. § 7 Abs. 1 ErbbauRG schränkt ihn wie folgt ein:

    Ist anzunehmen, dass durch die Veräußerung (§ 5 Abs. 1) der mit der Bestellung des EBR verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird, und dass die Persönlichkeit des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsmäßige Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen bietet, so kann der Erbbauberechtigte verlangen, dass der Grundstückseigentümer die Zustimmung zur Veräußerung erteilt. Dem Erbbauberechtigten kann auch für weitere Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden.

    Auch hier gilt wie bei einer beabsichtigten Belastung: verweigert der Eigentümer die Zustimmung zur Veräußerung ohne ausreichenden Grund, kann der Erbbauberechtigte die Zustimmung durch das zuständige Amtsgericht ersetzen lassen, § 7 Abs. 3 ErbbauRG.

  13. Heimfall: und jetzt?
  14. Unter „Heimfall“ ist gemäß § 2 Nr. 4 ErbbauRG eine Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das EBR beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer zu übertragen, zu verstehen. Der Heimfallanspruch ist mit dem GRundeigentum verbunden, § 3 ErbbauRG:
    Der Heimfallanspruch des Grundstückseigentümers kann nicht von dem Eigentum an dem Grundstück getrennt werden; der Eigentümer kann verlangen, dass das EBR einem von ihm zu bezeichnenden Dritten übertragen wird.

    Der Grundstückseigentümer muss außerdem für die Ausübung des Heimfallanspruchs eine sehr kurze Frist beachten, § 4 ErbbauRG:

    Der Heimfallanspruch sowie der Anspruch auf eine Vertragsstrafe (§ 2 Nr. 4 und 5) verjährt in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Grundstückseigentümer von dem Vorhandensein der Voraussetzungen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zwei Jahren vom Eintreten der Voraussetzungen an.

    § 32 ErbbauRG regelt die Rechtsfolgen des Heimfall. Man liest:

    Macht der Grundstückseigentümer von seinem Heimfallanspruch Gebrauch, so hat er dem Erbbauberechtigten eine angemessene Vergütung für das EBR zu gewähren. Als Inhalt des EBR können Vereinbarungen über die Höhe dieser Vergütung und die Art ihrer Zahlung sowie ihre Ausschließung getroffen werden.

    Außerdem: Der Erbbauberechtigte ist nicht berechtigt, beim Heimfall oder beim Erlöschen des EBR das Bauwerk wegzunehmen oder sich Bestandteile des Bauwerks anzueignen, § 34 ErbbauRG.

  15. Heimfall: Was ist mit Grundstücksbelastungen (Hypothek, Grundschuld, Rentschuld)?
  16. § 33 ErbbauRG regelt:

    Beim Heimfall des EBR bleiben die Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten bestehen, soweit sie nicht dem Erbbauberechtigten selbst zustehen. Dasselbe gilt für die Vormerkung eines gesetzlichen Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek. Andere auf dem EBR lastende Rechte erlöschen.

    Sonderfall: zusätzliche persönliche Haftung des Erbbauberechtigten. Der Grundstückseigentümer übernimmt dann die Schuld in Höhe der Hypothek / Grundschuld u. ä. ABER: Die Forderungen, die der Grundstückseigentümer übernimmt, werden auf die Vergütung nach § 32 ErbbauRG angerechnet.

Weitergehende Fragen im Zusammenhang mit EBR und Grundstückskaufverträgen beantworte ich Ihnen gerne telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch. Rufen Sie mich gerne an!


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Ihr Rechtsanwalt
und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Christian Trupke-Hillmer
angestellt bei
Schomerus & Partner mbB
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Telefon: +49 (0) 40 376 01 2447
E-Mail: christian.trupke-hillmer@schomerus.de

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Christian Trupke-Hillmer
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht