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Teilungserklärung (WEG): Abweichung durch Bauträger

Stand 17.04.2015: zitierte Urteile oder Gesetze können durch neuere Fassungen überholt sein.

Was tun, wenn ein Miteigentümer einer WEG vom Bauträger eine Wohnung erwirbt, deren Zuschnitt von der Teilungserklärung und den Aufteilungsplänen der WEG abweicht? Der Bundesgerichtshof erörterte anhand des vorliegenden Falles einige Grundsätze (BGH, Urteil vom 14. November 2014 – V ZR 118/13, amtliche Leitsätze):

Der Erwerber einer Eigentumswohnung, der mit dem teilenden Eigentümer eine von dem Teilungsplan abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart, ist hinsichtlich der sich daraus ergebenden Veränderungen des Gemeinschaftseigentums nicht Störer und daher gegenüber anderen Wohnungseigentümern nicht zur Beseitigung des planwidrigen Zustands verpflichtet.

Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Wohnungseigentümern verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum plangerecht hergestellt wird. Der Anspruch wird durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt und entfällt deshalb, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.

BGH, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 118/13
  1. Worum ging es?

    Die Parteien sind Miteigentümer in einer WEG. Das Sondereigentum der Beklagten erstreckt sich auch auf einen Dachgeschossraum. Die Kläger erwarben ihre Wohnung nach der Beklagten. Die Wohnung der Beklagten entspricht dem Kaufvertrag mit dem Bauträger, aber nicht der Teilungserklärung und den Aufteilungsplänen (eine für das Treppenhaus vorgesehene Freifläche und eine Aufzugstür wurden die Wohnung der Beklagten integriert, Änderung im Treppenhaus eine Treppe, Zugang zum Dachgeschoss nicht über Auszugstreppe, sondern an anderer Stelle Spindeltreppe, zusätzliche Fenster sowie Heizkörpern und Heißwasserzuleitungen).

    Die Kläger verlangten von der Beklagten die Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands sowie die Unterlassung der behaupteten Nutzung des Dachgeschossraums als Wohnraum.

  2. [Instanzenzug] Amtsgericht: tw. ja – Landgericht: nein – BGH: nein

    In erster Instanz vor dem Amtsgericht gewannen die Kläger bis auf den Aspekt der Treppenänderung. In der Berufungsinstanz obsiegte dagegen die Beklagte. Das Landgericht ließ die Revision zu. Der BGH wies die Revision auf Kosten der Kläger zurück.

  3. Aktivlegitimation des einzelnen Eigentümers in der WEG

    Der BGH erinnerte zunächst daran, ob und wie lange ein einzelner Wohnungseigentümer zur Geltendmachung bestimmter Ansprüche berechtigt bzw. aktivlegitmiert ist:

    Insbesondere sind die Kläger jedenfalls solange befugt, die auf § 1004 Abs. 1 BGB gestützten Ansprüche alleine geltend zu machen, wie die Gemeinschaft die Rechtsausübung – woran es hier fehlt – nicht durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG an sich gezogen hat (vgl. Senat, Urteil vom 7. Februar 2014 – V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 Rn. 6; Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 22 Rn. 293 f., § 43 Rn. 76 mwN).

  4. Kein Anspruch auf „Rückbau“ bzw. Beseitigung bei Abweichung von Teilungserklärung

    Einen „Rückbauanspruch“ gegen einen Miteigentümer wegen einer teilungserklärungswidrigen Bauausführung der Miteigentümerwohnung lehnte der BGH ab. Vor der Aufteilung gemäß § 8 WEG sei der Bauträger ohnehin zur freiem Verfügung berechtigt. Nach Aufteilung, aber vor Veräußerung an die späteren Wohnungseigentümer gelte nichts anderes. Der BGH betrachtet zunächst die Rechtslage bei einem Zwei-Personen-Verhältnis zwischen einem Eigentümer, der sein Grundstück baulich verändert und es dann veräußert.

    Soweit planwidrige Baumaßnahmen vor dem Entstehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft (dazu und zu den Voraussetzungen vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 5 ff.) durchgeführt worden sein sollten, folgt dies schon daraus, dass es an der von § 1004 Abs. 1 BGB vorausgesetzten Eigentumsbeeinträchtigung fehlt. Zu dem genannten Zeitpunkt stand es dem teilenden Bauträger als Alleineigentümer frei, mit der Sache auch bei der Bauausführung nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Nach der Teilung (§ 8 WEG) änderte sich hieran bis zum Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nichts. Die Rechtslage ist nicht anders, als wenn ein Eigentümer ein ihm gehörendes Grundstück nach seinen Vorstellungen bebaut und dann Eigentum daran überträgt (BayObLG, NJW-RR 1987, 717, 718).

    Der Erwerber hat auch nach der Eigentumsumschreibung keinen Anspruch aus § 1004 BGB gegen den früheren Eigentümer auf Beseitigung von baulichen Maßnahmen, mögen diese für sein Eigentum auch von Nachteil sein und den vertraglichen Ansprüchen widersprechen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Mai 1963 – VII ZR 236/61, BGHZ 39, 366, 367; BayObLG, NJW-RR 1988, 587, 588). Das Eigentum des Erwerbers ist durch die baulichen Maßnahmen nicht im Sinne des § 1004 BGB beeinträchtigt, der frühere Eigentümer schon deshalb nicht Störer (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, juris Rn. 22 u. NJW-RR 1998, 371, 372).

    In einem solchen Fall soll es also keine Beseitigungsansprüche gegen den veräußernden Eigentümer geben. Ändert sich dies aber bei einer Drei-Personen-Konstellation Erwerber-Bauträger-Wohnungseigentümer? Nein, so der BGH:

    Umso weniger kann ein anderer Erwerber, der mit dem teilenden Eigentümer eine von den ursprünglichen Plänen abweichende bauliche Ausgestaltung vereinbart hat und damit nur eine mittelbare Ursache für die Ausübung der dem Bauträger nach § 903 BGB zustehenden sachenrechtlichen Befugnisse setzt, als Handlungsstörer angesehen werden (vgl. BayObLG, NJW-RR 1986, 954, 955; OLG Frankfurt, NZM 2008, 322, 323 aE mwN; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 22 Rn. 314). Auch eine Haftung dieses Erwerbers als Zustandsstörer scheidet in solchen Fällen aus (Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 315).

    An dieser Rechtlage ändere sich auch nichts, wenn die teilungserklärungswidrige Bauausführung erst nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft stattgefunden hat, erklärte der BGH:

    Soweit die planwidrige Bauausführung erst nach dem Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft durchgeführt oder fertiggestellt worden sein sollte, scheidet eine Inanspruchnahme der Beklagten auf Beseitigung des planwidrigen Zustandes ebenfalls aus. Diese sind auch insoweit nicht als Störer zu qualifizieren.

    Der BGH schließt eine sehr differenzierte Auseinandersetzung mit dem sog. Störerbegriff des § 1004 BGB an.

    Langfassung der Analyse des Störerbegriffs

    (1) Bei der Bestimmung der Störereigenschaft nach § 1004 Abs. 1 BGB geht es um die Zurechnung von Ursachen, die in Eigentumsbeeinträchtigungen einmünden (vgl. nur MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 1004 Rn. 149; Staudinger/Gursky [2013], § 1004 Rn. 92), und damit letztlich um den Zuschnitt von Verantwortungsbereichen.
    (a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass für die Zurechnung nicht schon die Sachherrschaft über die störende Sache und die damit einhergehende Möglichkeit genügt, die Störung zu beenden, um jemanden als Störer im Sinne des § 1004 BGB anzusehen. So ist Zustandsstörer nur derjenige, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aufrechterhalten wird; die Beeinträchtigung muss – wenigstens mittelbar – auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgehen. Ob diese Voraussetzung vorliegt, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles Sachgründe dafür gibt, der als Störer in Betracht kommenden Person die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen (zum Ganzen Senat, Urteil vom 1. Dezember 2006 – V ZR 112/06, NJW 2007, 437 Rn. 11 ff. mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 4. März 2010 – V ZB 130/09, NJW-RR 2010, 807 Rn. 14).
    (b) Als mittelbarer Handlungsstörer kommt nur derjenige in Betracht, der die Beeinträchtigung durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht und in der Lage ist, die unmittelbar auftretende Störung zu verhindern (std. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 – V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 8 mwN). Geht es – wie hier – um eine von dem Zustand einer Sache ausgehende fortdauernde Eigentumsbeeinträchtigung, sind die Übergänge zum Zustandsstörer allerdings fließend (zutreffend Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 328) und entziehen sich einer klaren Abgrenzung zum Handlungsstörer jedenfalls dann, wenn der Handelnde später – wie hier – Eigentümer der Sache geworden ist. Denn auch bei der Verursachung durch eine Handlung – wie hier bei der (teilweise) planwidrigen Errichtung eines Bauwerks aufgrund bestimmter Wünsche des Erwerbers – wird die Beeinträchtigung erst über den Zustand der Sache vermittelt (MünchKomm-BGB/Baldus, aaO, § 1004 Rn. 153). Das lässt es sachgerecht erscheinen, die Zurechnung und den damit einhergehenden Zuschnitt der Verantwortungsbereiche in derartigen Konstellationen auch bei der Bestimmung des mittelbaren Handlungsstörers von einer wertenden Betrachtung abhängig zu machen (vgl. auch LG München I, ZWE 2010, 411, 412; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 314).
    (2) Bei der danach gebotenen wertenden Betrachtung sind die Beklagten weder als mittelbare Handlungs- noch als Zustandsstörer anzusehen. Es fehlt an ausreichenden Sachgründen dafür, den Beklagten die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen.
    (a) Durch den Abschluss des Kaufvertrags haben die Beklagten zwar eine adäquate Ursache für die teilweise planwidrige Errichtung des Gebäudes gesetzt. Unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Rechtsverkehrs reicht dies jedoch nicht aus, dem Käufer die Verantwortung für die plan- widrige Bauausführung durch den teilenden Bauträger zuzuschreiben (vgl. auch LG München I, ZWE 2010, 411, 412; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 314). Vielmehr darf ein Käufer in aller Regel davon ausgehen, dass der Bauträger die Bauausführung im Rahmen seiner (Eigentums-)Befugnisse bzw. – sofern der Bau erst nach Entstehen einer (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft fertiggestellt wird – notfalls im Zuge einer Anpassung der Teilungserklärung und in Übereinstimmung mit den anderweit eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2005 – V ZR 328/03, NZBau 2005, 587 f.) durchführen wird. Wollte man das anders sehen, würde Käufern von noch zu errichtenden Eigentumswohnungen ein erhebliches Risiko auferlegt und damit der Kauf von Wohnungseigentum ohne Not erschwert.

    (b) Zudem erscheint es kaum überzeugend, dem Gestaltungswünsche äußernden zukünftigen Erwerber eine Mitverantwortung als Störer je nachdem aufzuerlegen, ob dem teilenden Bauträger die planwidrige Fertigstellung des Gebäudes noch vor Entstehen der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft gelingt (dann keine Zurechnung) oder aber erst danach (dann Zurech- nung; so jedenfalls im Ergebnis BayObLG, NJW-RR 1987, 717 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, juris Rn. 23 ff.). Auch hinsichtlich der Beseitigungsverpflichtung ergäben sich Abgrenzungsschwierigkeiten; denn verlangt werden könnte von dem Erwerber nach § 1004 BGB nur die Wiederherstellung des baulichen Zustandes, der vor der Störung, also im Zeitpunkt der – von Zufälligkeiten abhängigen – Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, bestand.

  5. Plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums Sache aller

    Der Bundesgerichtshof setzt die getroffene Entscheidung dann in einen Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums:

    Der von dem Senat befürwortete Zuschnitt der Verantwortungsbereiche harmoniert damit, dass die erstmalige plangerechte Herstellung des Gemeinschaftseigentums nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes nicht einem einzelnen Wohnungseigentümer obliegt, sondern Sache aller Wohnungseigentümer ist (vgl. nur BayObLG NJW-RR 1986, 954, 955; 1988, 587, 588; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 1993 – 15 W 386/92, aaO, Rn. 24 u. NJW-RR 1998, 371, 372; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 22; vgl. auch OLG Frankfurt, NZM 2008, 322, 323 aE mwN). Schutzwürdige Belange der übrigen Wohnungseigentümer bleiben dabei gewahrt.

    (aa) Da unter Instandsetzung auch die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu verstehen ist (vgl. nur Merle in Bärmann, aaO, § 21 Rn. 118 mwN), kann jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 WEG von den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum plangerecht hergestellt wird (vgl. Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 20 u. 22 mwN; KG, NJW-RR 1991, 1421 f.). Beschließen die Wohnungseigentümer die plangerechte Herrichtung der Wohnanlage auf Kosten der Gemeinschaft (vgl. BayObLG NJW-RR 1987, 717, 718; KG, NJW-RR 1991, 1421, 1422) mehrheitlich nach § 21 Abs. 3 WEG, sind die hiervon betroffenen Wohnungseigentümer ab diesem Zeitpunkt nach § 14 Nr. 4 WEG zur Duldung des Umbaus verpflichtet. § 22 WEG steht dem nicht entgegen, weil die erstmalige plangerechte Herrichtung keine bauliche Veränderung im Sinne der genannten Norm darstellt, und zwar im Grundsatz auch dann, wenn ein Gebäude planwidrig erstellt wurde und sodann die Planwidrigkeit behoben wird (vgl. BayObLG, NJW-RR 1986, 954, 955; Hogen- schurz in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 22 Rn. 7 f.; Merle in Bärmann, aaO, § 22 Rn. 20 u. 22; jeweils mwN).

    Dieser Anspruch sei aber nicht uferlos, so der BGH, es gelte vielmehr auch hier die Beschränkung durch die Grundsätze von Treu und Glauben:

    Der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands wird allerdings durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt und entfällt deshalb, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist (vgl. BayObLG, ZMR 2004, 524, 525 mwN).

    Diese Schwelle könne etwa erreicht sein, wenn die plangerechte Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordere oder Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer unverhältnismäßig sind. Dann seien die Eigentümer vielmehr verpflichtet, Teilungsvertrag und Aufteilungsplan so zu ändern, dass diese der tatsächlichen Bauausführung entspreche (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2003 – V ZR 447/01, NJW 2004, 1798, 1800 für einen sondereigentumslosen Miteigentumsanteil und Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 189/11, NJW-RR 2012, 1036 Rn. 11).

    Diese Verpflichtung der Eigentümer zur Anpassung der Teilungserklärung führt aber nicht unbedingt dazu, dass die nachteilig betroffenen Eigentümer „leer“ ausgehen. In einem solchen Fall käme vielmehr eine Ausgleichszahlung in Betracht, so der BGH, und erinnerte an eine ältere Entscheidung aus dem Jahr 2003:

    Die Interessen der hiervon nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer werden dadurch gewahrt, dass sie jedenfalls gravierende Abweichungen zu Lasten ihres Sondereigentums unter Umständen nur gegen eine Ausgleichszahlung hinnehmen müssen (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 – V ZR 447/01, aaO).

  6. Kein Unterlassungsanspruch (Beweislastentscheidung)

    Den Unterlassungsanspruch verneinte der BGH mangels Beweises einer Nutzung des Dachgeschossraums zu Wohnzwecken. Die Begründung ist dennoch lesenswert, weil sie aufzeigt, unter welchen Umständen eine Beweisaufnahme durch die Vorinstanz zu wiederholen ist und wann nicht. Der BGH erörterte diesen interessanten prozessualen Aspekt im Zusammenhang mit einer sog. Augenscheinseinnahme und stützte sich zur Begründung auf seine Rechtsprechung zur Wiederholung einer Zeugenbeweisaufnahme:

    Entgegen der Auffassung der Kläger war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die Augenscheinseinnahme zu wiederholen. Richtig ist zwar, dass insoweit im Prinzip dieselben Grundsätze gelten, die zur Unzulässigkeit der abweichenden Würdigung einer in erster Instanz protokollierten Zeugenaussage durch das Berufungsgericht ohne eigene Beweiserhebung entwickelt worden sind (BGH, Urteil vom 21. Mai 1985 – VI ZR 235/83, NJW-RR 1986, 190, 191). Danach ist die erneute Vernehmung eines Zeugen erforderlich, wenn das Berufungsgericht dessen protokollierte Aussage anders verstehen oder werten will als die Vorinstanz (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 mwN). Anders liegt es dagegen, wenn dem Berufungsgericht der objektive Beweiswert der als wahr unterstellten Aussage des Zeugen nicht ausreicht, um die Beweisfrage zu bejahen; in diesem Fall ist eine Wiederholung der Beweisaufnahme entbehrlich (Senat, Urteil vom 19. Juli 2002 – V ZR 240/01, WM 2003, 154, 156; BGH, Urteil vom 2. Juni 1999 – VIII ZR 112/98, NJW 1999, 2972, 2974). So verhält es sich der Sache nach auch hier. Das Berufungsgericht hat die von dem Amtsgericht im Wege der Augenscheinsnahme getroffenen Feststellungen als wahr unterstellt, sie aber nicht als ausreichend angesehen, um die Nutzung des zweiten Dachgeschosses zu Wohnzwecken als erwiesen anzusehen. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Tl;dr

Teilungserklärungsabweichungen muss Ihr Miteigentümer nicht allein beseitigen, wenn er die Wohnung so vertragsgemäß vom Bauträger gekauft hat. Daran ändert auch der grundsätzliche Anspruch aller Eigentümer auf Herstellung eines teilungserklärungskonformen Zustand nichts. Vor einer Klage sollten Wohnungseigentümer nicht vergessen, Vereinbarungen und Heranziehungbeschlüsse der Eigentümergemeinschaft darauf zu untersuchen, ob sie selbst alleine überhaupt noch klageberechtigt sind. Hält ein Gericht den Beweiswert einer in der Vorinstanz erfolgten Augenscheinsnahme oder Zeugenvernehmung objektiv nicht für ausreichend, um die Beweisfrage zu bejahen, muss es die Beweisaufnahme grundsätzlich nicht wiederholen. Anders liegt der Fall dann, wenn das Gericht die Aussage anders verstehen oder werten will als die Vorinstanz.

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